Nicht giftgrün, sondern blauäugig – Revision CO2-Gesetz

Revision CO2-Gesetz – Parlamentsgebäude Bern
Foto: Claudio Schwarz auf Unsplash

Das Schweizer Parlament produzierte letzte Woche in Bern eine Unmenge heisser Luft. Diese heizte zwar dem Klima im Bundeshaus gehörig ein, glücklicherweise aber ist sie nicht weiter treibhausgas-wirksam. Da war die Rede von giftgrünem Planwirtschafts-Gesetz, von Büezern, die sich keine Langstreckenflüge mehr leisten können, von Zweiklassengesellschaft, ja sogar der ehemalige DDR-Kadermann Erich Honecker wurde bemüht, um das Gespenst des Sozialismus zu beschwören.

Sie haben’s erraten: Es war die Revision des CO2-Gesetzes, die die Gemüter der Politikerinnen derart erhitzte. Und das, obwohl sich im Vorfeld alle Parteien, mit einer Ausnahme, für ein griffigeres Gesetz ausgesprochen hatten.

 

Das, was unter dem Strich bleibt, ist im besten Fall zwiespältig. In Dutzenden von Abstimmungen wurden die Details des Gesetzes festgehämmert. Den Durchblick durch den Wust von Vorlagen dürften die wenigsten behalten haben. Immerhin, die Eckpunkte sind klar: eine Abgabe von 12 Rappen auf einen Liter Treibstoff, Abgaben von 30 bis 120 Franken auf Flugtickets, strengere CO2-Vorschriften für Gebäude und neue Fahrzeuge sowie striktere Inland-Reduktionsziele für den CO2-Ausstoss.

 

Beginnen wir mit Letzterem: Der Nationalrat gibt vor, dass die Treibhausgase bis 2030 um 75 Prozent unter den Stand von 1990 gesenkt werden sollen, davon wiederum zu 60 Prozent im Inland. Das ist ein durchaus sportliches Ziel, wenn man bedenkt, dass die Schweiz innerhalb von 28 Jahren (von 1990 bis 2018) ihren Treibhausgas-Ausstoss um gerade mal 14 Prozent herunterzuschrauben vermochte. 

 

Im Klartext heisst das, wir sollen in weniger als der Hälfte der Zeit (12 Jahre) die Emissionen um fast das Doppelte (26%) senken. Wie gesagt, ein sportliches Ziel. 

 

Mit den jetzt beschlossenen Mitteln ist dieses Ziel nicht zu erreichen. So einfach und so klar ist das – weder mit der minimalen Erhöhung der Brennstoff-Abgabe noch mit der früher als «Klimarappen» bekannten Abgabe auf Treibstoffe. Zumal wir hier die Tatsache berücksichtigen müssen, dass die seit Jahren geltende Abgabe von 1,5 Rappen auf den Liter Diesel oder Benzin nur gerade ein Drittel dessen beträgt, was das Gesetz eigentlich zugelassen hätte.

 

Noch nachdenklicher stimmt die Antwort des Geschäftsführers der «Stiftung Klimaschutz und Kompensation», die für den Kompensationshandel im In- und Ausland zuständig ist. Auf Nachfrage des Online-Mediums Infosperber sagte Marco Berg: «Wir werden alles tun, um genügend CO2 kompensieren zu können, ohne den Ansatz von 10 Rappen ausschöpfen zu müssen.» Wobei solche Kompensationsziele vom Bundesrat noch gar nicht festgelegt worden sind.

 

Diese Antwort spiegelt den Tenor der ganzen Vorlage: Abgaben werden zögerlich, und wenn’s ums Detail geht, ziemlich nebulös, beschlossen. Fristen werden hinausgeschoben, Ausnahmen und Befreiungen grosszügig erteilt.

 

Von «giftgrün» kann also keine Rede sein. Und dass wir bis 2030, in nur einem Dutzend Jahre also, die vom Menschen verursachten Treibhausgase um nahezu einen Drittel zu senken vermögen, ist mit dieser Vorlage gelinde gesagt unwahrscheinlich. Der Leidensdruck ist im Parlament offensichtlich nach wie vor zu wenig hoch. Kommt vielleicht daher, dass die nächsten Parlamentswahlen erst wieder in drei Jahren stattfinden.

 

Christa Dettwiler