Gleich viel Umwelt für alle

Installation eines Solarpanels auf einem Dach
Foto: «Science in HD» auf Unsplash

Es «tschätteret» nur so mit Klimazielen im Moment. Es scheint, als wollten sich Nationen und Staatengemeinschaften mit neuen CO2-Reduktionszielen geradezu überbieten. Insbesondere die USA unter Präsident Joe Biden peilt offenbar die Position des Klassenprimus an. Selbst Brasiliens Jair Bolsonaro machte am virtuellen Klimagipfel von letzter Woche grosse Versprechungen, um flugs die Ausgaben zum Schutz der Umwelt drastisch zu kürzen. Und da wären wir bei der Krux dieser Verlautbarungen. Sie sind zwar laut, aber eben nur Worte, und noch längst keine Taten. Wie gross die Kluft dazwischen ist, zeigt auch der neue Podcast in der Reihe «Die Natur und die Stadt», in dem auch Solarspar Geschäftsleiter Markus Chrétien zu Wort kommt.

Zuerst jedoch will die Podcasterin Claudia Acklin von Silvio Borella, Klimaphysiker und GEAK-Berater (Gebäudeausweis der Kantone) wissen, warum nicht mehr Gebäude in der Schweiz saniert, sprich besser isoliert, würden. Borella kommt gleich zur Sache: Es liege am Geld. In der Schweiz wird jedes Jahr ein mageres Prozent der Gebäude saniert. Zwar gibt es Fördergelder dafür, doch eine Gebäudesanierung rechnet sich eben erst über ein paar Jahrzehnte, und das ist für die meisten Investorinnen ein zu weiter Horizont – für Pensionskassen zum Beispiel, die gern und viel im Immobiliensektor mitmischen. 

 

«Bei den meisten Firmen geht’s einzig und allein um die Finanzen. Investitionen müssen rentieren. Aus ideologischen Gründen macht keine Firma etwas. Höchstens noch aus Marketinggründen, wie etwa Migros oder Coop, die CO2-neutral werden möchten.» Abhilfe würden hier einzig und allein gesetzliche Vorgaben schaffen. 

 

Im Podcast wird auch die Möglichkeit des Contracting für Gebäudesanierungen ins Spiel gebracht, wie es Solarspar seit bald 30 Jahren beim Bau von Photovoltaik-Anlagen praktiziert. Das Solarkraftwerk auf dem Dach eines Bauernhofs, eines Industriegebäudes oder einer Wohnsiedlung wird von Solarspar gebaut und finanziert. Solarspar kümmert sich sogar um den Stromverkauf. Die Gebäudeinhaberin hat die Möglichkeit, die Anlage jederzeit zum aktuellen Wert zu übernehmen. 

 

Warum produziert denn die Sonne nicht Strom auf jedem geeigneten Dach? Markus Chrétien ist überzeugt, die meisten Leute wüssten gar nicht, dass es diese Möglichkeit gibt. Dabei sei Contracting der ideale niederschwellige Einstieg für Skeptiker: «Damit schaffen wir Vertrauen. Weil viele Leute keine Erfahrung mit PV-Anlagen haben, können sie vorerst zusehen, wie sie funktionieren, ob sie sich rechnen, und dann entscheiden, die von uns vorfinanzierte Anlage selbst zu übernehmen.» 

 

Das Risiko für Solarspar ist überschaubar. Wenn zum Beispiel ein Betrieb, der den Strom vom Hausdach selbst bezieht, Konkurs geht, müssen neue Abnehmerinnen gesucht werden. Dasselbe gilt, wenn ein Energie intensiver Milchwirtschaftsbetrieb zum Unterstand für Landmaschinen mutiert. «Mit über 100 eigenen Solarkraftwerken können wir dieses Risiko eingehen», sagt Markus Chrétien. 

 

Aber eben. Noch gibt es viel zu wenige Investoren, die aus Einsicht oder Überzeugung auf die Sonne setzen. «Das geht einfach vergessen. Da heisst es dann, wir machen schon eine Wärmepumpe, das muss reichen. Mich schmerzen alle diese neuen Flachdächer ohne Solaranlage.» Dabei rechne sich heute jede PV-Anlage ab etwa 150 kW Leistung, sofern sie bei einem Neubau von Anfang an mit eingeplant werde und die Vergütung des zuständigen Elektrizitätswerks stimme. Dann brauche es nicht einmal Fördergelder. 

 

Silvio Borella lanciert zum Schluss des Podcasts eine Idee, wie der Gleichgültigkeit, der Unwissenheit und Renditehörigkeit begegnet werden könnte: So wie jeder Haushalt mit seinem individuellen Budget auskommen muss, erhält er auch ein Energiebudget. Das kann er dann nach seinen Prioritäten und Vorlieben einsetzen: Grosses Haus, dafür kleines Auto. Flugreisen, dafür PV-Anlage und Fahrrad... «Die Naturressourcen müssen gerecht verteilt werden. Heute muss das die Wirtschaft nicht berücksichtigen. Die Kosten, die sie zum Klimawandel beiträgt, kommen nicht in die Rechnung.»

Christa Dettwiler