Sonne, Wind, Wasser, Uran

Ai generiert, Klimawandel, Eisscholle.

Bild: mitramix

 

Auch wenn das Datum für die Abstimmung noch nicht bekannt ist - der Kampf um die Stimmen beginnt jetzt. Nach zähem, dreijährigem Ringen hatte sich das Parlament endlich auf ein neues Stromgesetz geeinigt, mit dem auch Energieminister Rösti leben kann, doch nun geht's in die Ehrenrunde. Während sich das Gesetz mit Sonne, Wind und Wasser beschäftigt, liebäugelt man gleichzeitig mit einer Energiequelle von gestern. 

 

Das "Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien", so meint man, sollte eigentlich keine Gegnerinnen mehr haben. Selbst der Ständerat hat dem Gesetz einstimmig seinen Segen erteilt. Dennoch ist Ende letzter Woche das Referendum dagegen ergriffen worden. Es war ein bunter Trupp von "radikalen Windkraftgegnern, unterstützt von der Atomlobby und behördenfeindliche Organisationen", wie die Schweizer Energie Stiftung schreibt, das die nötigen Unterschriften gesammelt hatte. 

 

Die Fondation Weber, das Bündnis für Natur und Landschaft, die Freie Landschaft Schweiz sowie der Verein Schutz vor Strahlung gehören zu den Gegnern des Stromversorgungsgesetzes. Erstaunlicherweise stellten sich im Parlament alle hinter die Energievorlage. Im Nationalrat stimmten nur gerade 19 Personen dagegen, mehrheitlich SVP-Politiker. Auch alle grossen Umwelt- und Naturschutzorganisationen stehen hinter dem Gesetz.

 

Begründet wird das Referendum mit dem Argument, dass der Ausbau erneuerbarer Energien den Umweltschutz ausheble. Allerdings versucht das Gesetz genau diesen Spagat hinzukriegen: Eine rasche Energiewende zum Schutz des Klimas bei gleichzeitigem Erhalt der Biodiversität. Bis zum Jahr 2035 soll die Schweiz dank des Stromgesetzes zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgt werden. 

 

Am Rand des Klimagipfels in Dubai, wo ebenfalls die CO2-freie Energieversorgung im Mittelpunkt stand, hat die Atomkraft eine wahre Auferstehung erlebt. 22 Staaten wollen "zum Wohle des Klimas" neue Reaktoren hochfahren. Bis 2050 soll ihre Kapazität gegenüber 2020 verdreifacht werden. Dabei gibt es ein ganz entscheidendes Problem: Es gibt kein Geld dafür. So etwa schliessen die Statuten der Weltbank Investitionen in Atomenergie aus. Und etlichen Ländern, die die Atomstromproduktion  aufstocken möchten, fehlt dazu das nötige Geld. 

 

Dennoch sieht der Direktor der Internationalen Energieagentur, Fatih Birol, "eine grosse Nuklear-Welle" kommen. Selbst hält der einflussreiche Energiemanager Atomkraft für "unverzichtbar", wenn die Welt das Netto Null Ziel erreichen wolle. Aber auch er räumt ein, dass die Finanzierung eine sehr hohe Hürde darstellt. 

 

Das Thema wird auch die Schweiz noch stärker umtreiben, denn es dauert wohl nicht mehr lange, bis die Volksinitiative "Blackout stoppen" eingereicht werden wird. Sie soll das Neubauverbot für AKW wieder aus der Verfassung kippen. Die Schweiz brauche in Zukunft "Technologieneutralität ohne Denkverbote, umweltschonenden Strom und klare Verantwortlichkeiten bei der Stromsicherheit", schrieb FDP-Nationalrat Marcel Dobler auf Twitter. 

 

Andere Parlamentarierinnen, die sich in einer überparteilichen Allianz zusammengeschlossen haben, sprachen dagegen von unnötiger Zwängerei. Und der Verdacht steht im Raum, die Initiative diene einzig dazu, den Boden für den unendlich langen Weiterbetrieb der alten Schweizer Reaktoren zu bereiten. 

 

Denn auch hierzulande zeigt kein einziges Energieunternehmen Interesse daran, Milliarden in eine Energieanlage zu stecken, die erst in Jahrzehnten ans Netz gehen könnte. Am störendsten an der ganzen Sache ist die Art und Weise, wie eine hoch gefährliche Technologie im Namen des Klimaschutzes verharmlos und gar als umweltfreundlich dargestellt wird. 

 

Auch Fatih Birol nimmt den Mund ziemlich voll, wenn er sagt, die strahlende Hinterlassenschaft der Atomstromproduktion sei zwar ein Problem, aber eines, das sich leicht lösen liesse. Wie genau diese einfache Lösung aussieht, schweigt er sich allerdings aus. 

 
Christa Dettwiler