Nume nid gschprängt ...

Klimawandel kostet

 

Der «Klima-Notfall», ausgerufen von mehr als 11 000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 153 Ländern (darunter über 300 aus der Schweiz), machte letzte Woche fette Schlagzeilen. Wenn sich das menschliche Verhalten, das zu Treibhausgasausstoss und anderen den Klimawandel begünstigenden Faktoren führt, nicht grundlegend und anhaltend verändere, sei «unsägliches menschliches Leid» nicht mehr zu verhindern, heisst es in der Erklärung.   

 

 

Sie hätten eine «moralische Verantwortung, die Menschheit vor katastrophalen Bedrohungen zu warnen und zu sagen, was Sache ist», begründen die Autorinnen und Autoren ihren Appell zur Ein- und Umkehr. 

 

Nume nid gschprängt.

 

Vor ziemlich genau 40 Jahren forderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 50 Ländern an der ersten Weltklimakonferenz in Genf dringendes Handeln gegen den Klimawandel. Dasselbe in Rio 1992, in Kyoto 1997, in Paris 2015 und an unzähligen internationalen Zusammenkünften dazwischen. 

 

Nach der jüngsten Bestandsaufnahme sind fast drei Viertel der 184 von den Ländern eingereichten Zusagen zum Einsparen von Treibhausgasen nicht ehrgeizig genug. Gemessen am Ziel, den Ausstoss von klimaschädlichen Substanzen bis 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren, sind nur die 28 EU-Staaten und sieben weitere Länder auf Kurs. Das geht aus einer Auswertung von fünf Forschern hervor, von denen vier auch schon für den Weltklimarat IPCC gearbeitet haben.

 

«Nume nid gschprängt», sagt sich auch die Schweizer Erdöl-Auto-Wirtschaftslobby und sabotiert seit 25 Jahren beharrlich eine CO2-Abgabe auf Treibstoff. In der Online-Zeitung «Infosperber» hat der Journalist Kurt Marti ihr Vorgehen analysiert:

 

1994 schickte der Bundesrat den ersten Entwurf des CO2-Gesetzes mit einer CO2-Abgabe in die Vernehmlassung, basierend auf einem über fünf Jahre von einem Expertenteam aus 12 Bundesämtern ausgearbeiteten Klimabericht. Das Gesetz erlitt schon in der Vernehmlassung Schiffbruch – unter dem Dauerfeuer des Vorort (heute economiesuisse), der Erdöl-Vereinigung, von TCS und ACS und Autoimporteuren.

 

Der zweite Entwurf wurde 1995 gleich von den Verhinderern diktiert. Er setzte auf Freiwilligkeit und Subsidiarität. Das Resultat des Gesetzes, das 2000 in Kraft trat, war vorhersehbar: wirkungslos. Um der drohenden Abgabe auf CO2 zu entgehen, erfanden Erdöl-Vereinigung und Konsorten flugs den Klimarappen. Die Warnungen der Klimawissenschaft wurden ignoriert. Im Herbst 2005 übernahm de facto die Erdöl-Vereinigung in Form der Stiftung Klima-Rappen den Vollzug der Klimapolitik im Verkehr. 2012 stellte man ernüchtert fest: Ziele klar verfehlt. Statt den CO2-Ausstoss im Privatverkehr um 8 % zu senken, stieg er um 13 %.

 

Und so geht es weiter im Text bis zum Jahr 2018, als Links-Grün versuchte, die CO2-Abgabe auf Treibstoffe im neuen CO2-Gesetz zu verankern und grandios an der Übermacht der Interessensvertreterinnen und -vertreter im Parlament scheiterte.

 

Wie es weitergeht mit dem CO2-Gesetz? Sie ahnen es. Nume nid gschprängt. Treibstoffimporteure sollen mehr Importe kompensieren müssen, was sich auf den Benzinpreis niederschlagen wird. Von maximal 8 bis 12 Rappen ist alles drin – ab 2025. Keine Bange: So schnell wird der Most nicht teurer. Auto-Schweiz-Präsident François Launaz drohte schon im Mai mit dem Referendum und die SVP sowieso.

 

Christa Dettwiler