Klima gewinnt vor Gericht – und eine Idee

Photo: metropa.eu/studio 77
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Sind Sie bereit für eine weitere Runde good news? Sie glauben nicht, dass es die tatsächlich gibt? Oh doch, es gibt sie. Nur muss man sie in Corona-Zeiten und Wirtschaftswachstums-Angst mit der Lupe suchen. 

Ausgerechnet aus Britannien dringt frohe Kunde in die Welt. Der Londoner Flughafen Heathrow gehört zu den grössten der Welt. Rund 80 Millionen Menschen fliegen von Heathrow in die Welt hinaus oder kommen aus der Welt an. Doch das reichte der Betreiberin nicht. Eine zusätzliche Piste sollte weitere 40 Millionen anlocken – dank 700 zusätzlichen Starts und Landungen täglich. 
Daraus wird nix (eben: good news). Das Berufungsgericht hat die Pläne schubladisiert. Die Begründung – «irrational policy» – muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Irrationale Politik in der Tat: Als erstes Land rief Grossbritannien letztes Jahr den Klimanotstand aus und verankerte die Klimaneutralität bis 2050 im Gesetz. Beim Ausbau des Flughafens argumentierten die Regierungsanwälte vor Gericht, die Pariser Klimaziele seien «vorliegend nicht relevant». 
Der Anwalt der Umweltorganisation Plan B Earth, Tim Crosland, sah das anders. Vor dem Berufungsgericht argumentierte er, der Ausbau des Flughafens widerspreche dem gesetzlich verankerten Klimaziel diametral. Das Gericht sah das auch so und begründete sein Urteil unter anderem damit: «Das Staatssekretariat hätte bei der Formulierung seiner nationalen Flughafenpolitik das Pariser Abkommen in Betracht ziehen müssen.»
Dass das Pariser Abkommen durchaus relevant, ja sogar rechtlich bindend ist, sendet ein starkes Signal an alle, die künftig gegen klimarelevante Projekte vor Gericht ziehen wollen. 
Gute Kunde auch aus dem eigenen Land: Auf dem Energiewende-Index 2020, der jedes Jahr vom Weltwirtschaftsforum WEF erstellt wird, belegt die Schweiz hinter Schweden Platz 2. Der Index misst insgesamt 115 Volkswirtschaften daran, wie gut sie Energiesicherheit und -zugang mit ökologischer Nachhaltigkeit in Einklang bringen. Besonders hervorgehoben haben die Fachleute «ein ausgewogenes Energiesystem und ein robustes Umfeld für die Energiewende». Allerdings mahnen sie nachdrücklich, dass die Schweiz durchaus noch mehr tun könnte. 
Vielleicht sollten sich sowohl Grossbritannien wie die Schweiz am Kunst- und Friedensprojekt METROPA orientieren, das ein paneuropäisches Metro-System propagiert, das einen Grossteil der Flüge auf bestechende Weise überflüssig machen würde. «Europa braucht eine verbindende Geschichte. Eine Geschichte, die uns alle eint und deren Vorteile klar ersichtlich sind», schreiben die METROPA-Erfinder. Mit ihrem länderverbindenden Bahnsystem haben sie ein Bild geschaffen, das diesen Gedanken auf wunderbar einfache Weise versinnbildlicht – und von wunderbar langen Bahnabenteuern träumen lässt. 
Christa Dettwiler