Revolution im (Strassen)verkehr

Photo: Egor Vikhrev auf Unsplash
Photo: Egor Vikhrev auf Unsplash

Man reibt sich verwundert die Augen: Frankreich will Kurzstreckenflüge verbieten, und zwar schon ab diesem Sommer. Der Beschluss geht auf den Vorschlag des Bürgerrates zurück, den Präsident Emmanuel Macron 2018 ins Leben gerufen hat – 150 zufällig ausgewählte Menschen, welche die französische Bevölkerung en miniature abbilden. Ihre Aufgabe: Frankreichs Treibhausgasausstoss bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent zu reduzieren, ohne dass Ärmere darunter leiden.

Das Inlandflugverbot ist nun das erste konkrete Ergebnis dieses Experiments. Ein Netz von Hochgeschwindigkeitszügen soll die Reisenden bequem von einem Ort zum andern bringen. Es kann durchaus sein, dass künftig die Bahn generell vermehrt zum Zug kommen wird, denn auch die Autobranche steht vor einer gewaltigen Umwälzung. 

 

So schreckte kürzlich die Chefin von General Motors, Mary Barra, die gesamte Branche auf: Ab 2035 baue der Konzern keine Personenwagen mit Benzin- oder Dieselmotor mehr. Vielleicht hat der Bundesstaat Kalifornien diese Entscheidung beeinflusst. Ebenfalls ab 2035 sollen dort nämlich keine Pkw-Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. 

 

Auch andere Autohersteller haben klare Pläne. Volvo hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 50 Prozent rein elektrisch betriebene Fahrzeuge zu verkaufen. Auch Renault-Firmenchef Luca de Meo wurde konkret: Er erwarte, dass der Konzern sein letztes Verbrennerfahrzeug in Europa zwischen 2030 und 2035 verkaufe. Bis 2050 will das Unternehmen den CO2-Fussabdruck in Europa auf null senken.

 

Die deutschen Hersteller dagegen tun sich schwer. Zwar hat es sich bei Porsche mittlerweile ausgedieselt, aber der Abschied vom Verbrenner ist noch nicht in Sicht. Immerhin die Hälfte aller Fahrzeuge soll bis 2025 teil- oder vollelektrisch unterwegs sein. Auch bei BMW bleibt der Ausstieg im Nebel. Galt der Konzern mit seinem i3, der 2013 auf den Markt kam, noch als Elektro-Pionier, dümpelt er seither aber im Mittelmass herum. Nur gerade bei 20 Prozent soll der Anteil an Plug-in-Hybriden und Batterieautos bis 2023 liegen. Dabei ist klar, dass gerade die Hybride real sehr viel Benzin verbrauchen.

 

Bei Daimler sind gar keine Ziele auszumachen. Es gäbe keine Pläne, aus der Entwicklung von Verbrennungsmotoren auszusteigen, heisst es dort. Dasselbe gilt für VW. Man wolle Kundinnen und Kunden nicht vorschreiben, welches Auto sie fahren sollen. Ein Ausstiegsdatum werde nicht festgelegt. Bleiben noch die Japaner. Bereits 2018 beschloss Japans Autoindustrie das Aus für Verbrenner bis 2050. Allerdings bleiben Hybridantriebe davon ausgeschlossen. Bei Toyota etwa gibt es keine offiziellen Pläne für das Ende des Verbrennungsmotors.

 

Es kann aber durchaus sein, dass Autoherstellerinnen so viele oder so wenige Pläne machen können, wie sie wollen – wahrscheinlich ist, dass nationale Gesetzgebungen sie bald einmal zum Handeln zwingen. Gunnar Hermann, Chef von Ford Deutschland jedenfalls ist aufgebracht. Die neuen Klimaziele der EU bedeuteten, dass man künftig 65 Prozent E-Autos bauen müsse: «Das ist kein Technologiewandel, sondern ein Technologiebruch», jammerte er. «Der Verbrennungsmotor wird bewusst ins Aus gestellt.» 

 

Nicht nur Frankreich will energisch vorwärts machen mit griffigem Klimaschutz. Auch der britische Premierminister Boris Johnson will ab 2030 den Verkauf von Diesel- und Benzin-betriebenen Autos verbieten. Ab 2035 kommt auf der Insel auch das Aus für Hybride. Die norwegische Regierung nennt als Ziel 2025 und Deutschland will mit einem Milliardenpaket den Wandel zur Elektromobilität fördern. 

 

Kann aber auch sein, dass die Autofahrenden selbst Fakten schaffen. Im Oktober war jeder neunte Neuwagen in Deutschland, in Grossbritannien, Frankreich, Italien und Spanien mit einem Elektroantrieb ausgestattet. In Deutschland war sogar jeder sechste zumindest teil-elektrisch. In unserem Nachbarland explodierte der Zuwachs an reinen E-Mobilen regelrecht: Das Plus von 365 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet der europaweit höchste Zuwachs. 

Christa Dettwiler