Panels statt Bunker

Foto: studio-fi , DepositPhotos
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Das Nuklearforum zaubert eine Umfrage aus dem Hut, nach der die Schweiz in Sachen Atomenergie gespalten sei. Diese innerschweizerische Kernspaltung wurde allerdings vor Putins Überfall auf die Ukraine festgestellt. Könnte sein, dass der Angriff auf Europas grösstes AKW in Saporischja und die Drohung eines Atomschlags ein abruptes Umdenken bewirkt haben. Deshalb die logische Aufforderung der Schweizer Energiestiftung: «Baut Panels statt Bunker.» 

Den Energie-Club Schweiz ficht das alles nicht an. Seine Volksinitiative, die das AKW-Neubauverbot aufheben will, liegt zurzeit zur Prüfung bei der Bundeskanzlei. «Sobald alle Prüfungen und Übersetzungen durch sind, starten wir», sagt ein selbstbewusster Mirko Gentina, der als Geschäftsführer des Energie-Clubs fungiert.

 

Die Argumentation der bürgerlichen Parteien ist an Zynismus kaum zu überbieten. Weil das Thema Sicherheit zurzeit äusserst diffizil ist, versuchen der Energie-Club und die ihm zugewandten Parteien nun auf die Finanzierung des Krieges auszuweichen. Man müsse darüber diskutieren, wie die Abhängigkeit von russischen Energieträgern verringert werden könne. Ihre Antwort: Atomkraft. Dass Leibstadt und Beznau Uran aus Russland beziehen, fällt bei dieser Argumentation elegant unter den Tisch. Möglicherweise gibt’s ja neuerdings Uranfunde im Urnerland …  

 

Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass jene, die das Heil in neuen Reaktoren sehen, an einem Irrweg festhalten, den sie vor Jahrzehnten eingeschlagen haben. Gerade bürgerliche Parteien müssten sich eigentlich mit aller Vehemenz für Solarenergie stark machen: Der Treibstoff hat keine Nationalität, er gehört allen, die auf dem Planeten Erde leben. Und er steht allen gratis und im Überfluss zur Verfügung. Die Technik, diesen Treibstoff in Strom umzuwandeln, kann im eigenen Land hergestellt werden. Die notwendigen Arbeiten, um die Sonnenstrahlen so einzufangen, dass sie Strom erzeugen, können gut ausgebildete Einheimische ausführen. Die Wertschöpfung bliebe damit vollumfänglich im eigenen Land.

 

Das sind alles Argumente, die bürgerliche Parteien in anderen Zusammenhängen gerne herunterbeten. Warum nicht, wenn es um die Energieversorgung geht? Können sie einfach nicht zugeben, dass sie sich von Anfang an geirrt haben. Damals, als sie die Sonnenenergie als Konkurrenz zu herkömmlichen Energieträgern zu verteufeln und zu behindern versuchten?

 

Zwar ist die CO2-Bilanz eines AKW im Betrieb einigermassen gut, betrachtet man die Bilanz aber über das gesamte System, steht sie ziemlich schlecht da. Von den Gefahren und den verheerenden Langzeitrisiken ganz zu schweigen. Zudem: Es gibt aktuell keinen Schweizer Energiekonzern, der bereit wäre, ein neues AKW zu bauen. Es ist ihnen schlicht zu teuer und dauert viel zu lange.

 

Der Krieg gegen die Ukraine macht unmissverständlich klar, dass die Welt sich von fossilen und atomaren Energiequellen verabschieden muss. Aus der Solarenergie fliesst kein Geld an autoritäre Regimes. Klimapolitik ist auch Friedenspolitik.

 

«Um dieser so naheliegenden Lösung auch in rechtsbürgerlichen Kreisen Gehör zu verschaffen, wenden wir uns in einem offenen Brief an eben diese», schreibt die Schweizerische Energie-Stiftung. Wenn Ihnen die Argumente einleuchten, unterschreiben Sie diesen Brief. Er soll mit möglichst vielen Unterschriften in der NZZ publiziert werden. Kann ja sein, dass ein paar der Adressatinnen hin und wieder eine bürgerliche Zeitung lesen.

Christa Dettwiler