Der Klimawandel ist ungerecht

Photo: YODA Adaman auf Unsplash
Photo: YODA Adaman auf Unsplash

Wenn es noch eine Bestätigung dafür gebraucht hätte, dass der Klimawandel real, gegenwärtig und alles andere als harmlos ist, dann liegt sie jetzt vor. Einmal mehr. Letzte Woche forderte der UN-Generalsekretär Antonio Guterres ein Frühwarnsystem für extreme wetter- und klimabedingte Katastrophen. Und das innerhalb der nächsten fünf Jahre. Im Zug des sich verändernden globalen Klimas werden immer mehr Menschen extremem Wetter ausgesetzt sein: Überschwemmungen, Hitzewellen, heftigen Stürmen, Dürren. Guterres findet es «inakzeptabel», dass so viele Menschen nicht vorgewarnt werden können.

Er verwies dabei auf die Erkenntnisse des Weltklimarates, IPCC, der in seinem Report vom Februar festgestellt hat, dass die Hälfte der Menschheit in klimabedingten Gefahrenzonen leben. «Menschengemachte Klimaveränderungen bedrohen nun jede Region», sagte Guterres. «Der jüngste IPCC-Report zeigt detailliert das Leiden auf, das heute schon Tatsache ist. Jede noch so minimale Zunahme der globalen Erwärmung wird die Frequenz und die Intensität extremer Wetterphänomene noch verschärfen.»

 

Tatsächlich hat sich die Zahl der Unwetterkatastrophen zwischen 1970 und 2019 verfünffacht, stellte die Welt-Meteorologie-Organisation WMO fest. Gleichzeitig habe es Dank besserer Warnungen weniger Todesfälle durch Unwetter gegeben. 

 

Warnungen nützen also. Allerdings nur, wenn sie bei Gefährdeten tatsächlich auch ankommen. Und wie fast immer ist Geld ein entscheidender Faktor, denn ein weltweites Frühwarnsystem kostet Geld. Rund anderthalb Milliarden. Die Kosten des Klimawandels allerdings liegen weit höher. Doch das Ringen um die Milliarden, die aufgebracht werden müssen, um einerseits die Erderwärmung einzudämmen und andererseits die Schäden zu reparieren, ist enorm zäh. Guterres stellte fest, dass die meisten Gelder aus reichen Ländern in die Reduktion von Treibhausgasen flössen, während Massnahmen zur Adaption nur sehr schwer zu finanzieren seien.

 

Die UNO hofft nun auf eine Finanzspritze der Weltbank, weiteren multilateralen Entwicklungsbanken sowie auf mehr Entwicklungshilfe reicher Länder. Zudem will sie sich im privaten Sektor, etwa bei grossen Tech-Unternehmen Hilfe holen, wenn es etwa um Daten sammeln und verarbeiten geht. Es sei, meint ein UN-Mitarbeiter, zwar eine finanzielle Herausforderung, verglichen mit den rund 14 Trilliarden Dollar, die die G-20 Länder für die Stützung der Wirtschaft in der Corona-Pandemie aufgebracht hätten, handle es sich jedoch höchstens um Brosamen. 

 

Am nächsten Klimagipfel im November in Ägypten soll die WMO einen Aktionsplan für das weltweite Frühwarnsystem vorlegen. Damit sollen nicht nur Leben geschützt und Schäden abgewendet werden, auch wirtschaftlich macht ein solches System Sinn: Ein Report aus dem Jahr 2019 von der Global Commission on Adaptation rechnete vor, dass Investitionen von 800 Millionen klimabedingte Schäden um zwischen drei und 16 Milliarden reduzieren können.

 

Während etliche Länder bereits aus Schaden klug geworden sind und über Frühwarnsysteme verfügen, sind die ärmsten Länder, vorwiegend solche, die am stärksten unter dem Klimawandel leiden, den Elementen weitgehend schutzlos ausgeliefert. 

 

Hier besteht, da sind sich die Expertinnen einig, eine klare Schuld der reichen Nationen gegenüber den Ärmsten der Welt. Die Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation spricht Klartext: «Die Tatsache, dass Menschen, die praktisch nichts zur Klimaveränderung beigetragen haben, am meisten darunter leiden, ja deswegen sterben, unterstreicht die brutale Ungerechtigkeit der Klimakrise.»

 

Christa Dettwiler