Rauchende Köpfe

Bild: Christian Sterk auf Unsplash
Bild: Christian Sterk auf Unsplash

Glücklicherweise sind rauchende Köpfe klimaneutral. Andernfalls würde die Atmosphäre die aktuelle Belastung kaum mehr aushalten. Strommangellage (was für ein Wort!), Energieknappheit, Strom-Notfallplan, Energie-Alarm ... Der Teufel, der allenthalben an die Wand gemalt wird, ist ein Zwitterwesen: Wie kann der Wohlstand weiter befeuert und gleichzeitig das Klima entlastet werden? Geht beides zusammen oder opfern wir das eine zugunsten des anderen?

In den USA hat das oberste Gericht eine klare Antwort gegeben: Es pfeift auf den Klimaschutz und stellt die Wirtschaft an erste Stelle. Mit seinem Entscheid von letzter Woche hebelt das Gericht die Befugnisse der Bundesumweltbehörde EPA kurzerhand aus. Der Supreme Court hat einer Klage der Kohleindustrie in West Virginia recht gegeben, dass die EPA ihre Kompetenzen überschreite, wenn sie strengere Emissionsgrenzen für Kraftwerke erlasse. Dafür sei der Kongress zuständig. Um ein entsprechendes Gesetz zu erlassen, braucht der Kongress allerdings Jahre, sofern überhaupt eine Mehrheit dafür zustande kommen sollte.

 

Im Klartext: Die Klimaziele der USA sind mit diesem Urteil in weite Ferne gerückt. Weil es dabei um den zweitgrössten Treibhausgas-Emittenten der Welt geht, sind die Auswirkungen für den ganzen Globus verheerend. Oder wie es die Vereinten Nationen dezent ausdrückten: Ein «Rückschlag in unserem Kampf gegen den Klimawandel».

 

Aber auch diesseits des Atlantiks fransen Klimaschutzmassnahmen angesichts einer drohenden Strommangellage – sprich fehlendes Gas aus Russland – aus. Der Grüne Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck musste sich vorletzte Woche dafür rechtfertigen, wieder mehr Kohle verstromen zu wollen. Die Mehremissionen will er später mit griffigen Massnahmen kompensieren. Nur – wer weiss, was später noch alles passiert ...

 

Auch der Kopf der Schweizer Energie-Ministerin Simonetta Sommaruga dürfte in jüngster Zeit gehörig rauchen. Letzte Woche sagte sie: «Wir können eine Mangellage in der Zukunft nicht ganz ausschliessen.» Und sie wies darauf hin, dass die Schweiz bei Öl und Gas zu hundert Prozent vom Ausland abhängig sei und die beiden Energieträger auch nicht speichern könne.

 

Wie wunderbar also, was die Meteotest AG in der Studie «Firm PV power generation for Switzerland» im Rahmen des Forschungsprogramms Photovoltaik des Bundesamtes für Energie errechnet hat: Würde die Photovoltaik überdimensioniert ausgebaut, mit entsprechenden abregelbaren Stromüberschüssen im Sommer, könnte sie zusammen mit der inländischen Wasserproduktion und in einer optimalen Kombination mit Batterien die Stromversorgung in der Schweiz übers ganze Jahr sicherstellen.

 

Wie das im Detail gehandhabt werden soll, damit sich die Schweiz allein mit Sonne und Wasser antreibt, ist im BFE-Magazin «ernergeia plus» nachzulesen.

 

Jedenfalls geben die Studienresultate durchaus Anlass zur Hoffnung. Selbst wenn sich die Schweiz aus dem europäischen Strommarkt ausklinken und ein Inselnetz anstreben würde, stiegen die Energiekosten nur um durchschnittlich sieben Prozent. Angesichts der explodierenden Energiepreise wäre das ein Klacks. Es bräuchte Mut, vor allem auf Seite des Parlaments, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Es bräuchte Durchsetzungskraft gegen all jene, die angesichts der kommenden Turbulenzen lieber auf Altes und Veraltetes wie Kohle- und Atomstrom zurückgreifen wollen. Es wäre ein wichtiges Signal an alle, die noch Hoffnung wagen.

Christa Dettwiler