Das ist mal ein Wort, an das man sich gewöhnen könnte: Quartierbatterie. Das hat einfach was. Es drückt Gemeinschaft aus, impliziert Energiefluss, Zusammenhalt. Sie ist so etwas wie ein modernes Herdfeuer. Und genau dafür steht die Quartierbatterie im Solarstrom-Quartier Lugaggia im Tessin, das eben mit dem renommierten Watt d’Or ausgezeichnet worden ist. Diese Preise vergibt das Bundesamt für Energie alljährlich für besonders innovative Energieprojekte.
Lugaggia, nahe Lugano, nutzt nahezu den gesamten Sonnenstrom, der von sechs PV-Anlagen produziert wird, selbst. Das gelingt, weil der Kindergarten, 18 Wohngebäude, zehn Wärmepumpen, sechs Elektroboiler und eben eine Quartierbatterie so geschickt mit den Sonnenkraftwerken vernetzt wurden, dass kaum eine Kilowattstunde Solarstrom nicht selbst verbraucht wird.
Das entlastet nicht nur das Stromnetz, die Quartierbewohnerinnen sparen erst noch Geld. Denn Solarstrom selbst zu verbrauchen ist weitaus günstiger als ihn zu einem tiefen Tarif ins Netz zu speisen und teuren Netzstrom zu beziehen. Deshalb laufen Waschmaschinen und andere Geräte vorzugsweise tagsüber. Der überschüssige Solarstrom fliesst in Lugaggia nicht ins Netz, sondern in die Quartierbatterie.
Für solche zukunftsweisenden Projekte braucht es nicht nur interessierte und engagierte Menschen, sondern auch moderne Geräte wie Smart Meter und künstliche Intelligenz. Drei Jahre haben die verschiedenen Partnerorganisationen getüftelt und optimiert. Jetzt wird das Forschungsprojekt als Energiegemeinschaft der Hausbesitzenden weitergeführt.
Ebenfalls über einen Watt d’Or freuen durfte sich das ETH-Team um den Architekten Arno Schlüter, der mit innovativen Solarfassaden lieber «die tiefer hängenden Früchte» ernten möchte, anstatt unverbaute alpine Landschaften mit Panels zuzupflastern. Er weiss, dass sich an längst bestehenden Fassaden schnell und effizient Strom produzieren liesse. Die Entwicklung des ETH-Teams verbindet zudem Stromgewinnung und Klimatisierung.
Ein Bürofester des Innovationsgebäudes NEST der Empa in Dübendorf macht es vor: Die quadratischen Solarmodule wirken wie ein ultramodernes Design. Jedes einzelne Modul kann nach dem Stand der Sonne ausgerichtet werden, um möglichst viel Strom zu generieren, gerade auch im Winter. Bewegt werden die Panels mit einem stromsparenden Druckluftsystem. Gleichzeitig wird auch der Lichteinfall reguliert und damit der Raum klimatisiert.
Energiefachleute sind sich einig, dass Solarfassaden eine noch wenig erschlossene, aber vielversprechende Quelle für Sonnenstrom darstellen. So kann Photovoltaik auf nach Süden ausgerichteten Fassaden im Winterhalbjahr im Vergleich zu Dachanlagen bis zur Hälfte mehr Strom produzieren.
Den Spezialpreis der Jury gewann im Übrigen ein Projekt, über das der Klima-Blog verschiedentlich berichtet hat: Die gemeinnützige Organisation Solafrica hat mit ihrem Ausbildungsprogramm für Flüchtlinge «Refugees go Solar+» gepunktet. In den letzten drei Jahren wurden 60 Teilnehmende zu Solarfachleuten ausgebildet und tragen dazu bei, in der Schweiz die Energiewende voranzubringen.
Christa Dettwiler