Lieber Banken als das Klima retten

Foto: Daniel Olah
Foto: Daniel Olah

Mit eindrucksvoller Präsenz standen Ende letzte Woche Zehntausende Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche für den Schutz des Erdklimas ein und verlangten – mit Blick auf weniger privilegierte Nationen – Klimagerechtigkeit. Denn was die reichen Länder des Nordens anrichten, trifft jene im Süden am Härtesten. Die Realität sieht jedoch anders aus: Anstatt Verantwortung zu übernehmen, investieren reiche Länder grosszügig in Erdöl und Gas und finanzieren die Erschliessung neuer Vorkommen in eben diesem Süden. Auch die Schweizer Grossbank UBS und CS mischt kräftig mit im Milliardenpoker. "Wäre das Klima eine Bank, hätten wir es längst gerettet", hatte eine Demonstrantin auf ihr Stück Karton geschrieben.

Patrik Berlinger, verantwortlich für die politische Kommunikation bei Helvetas, hat im Newsletter der Organisation für Entwicklungszusammenarbeit eine Auslegeordnung der neuen Öl- und Gasprojekte in Afrika gemacht und kommt zum Schluss, dass Afrika deswegen zur "Tankstelle Europas" zu werden droht. Es sind über 70 Projekte, die bis 2025 in Betrieb genommen werden. Mit entsprechend gigantischen zusätzlichen CO2-Emissionen selbstverständlich. Die Investitionen für Öl- und Gasexploration in Afrika, schreibt Berlinger, seien von 3,4 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020 in nur zwei Jahren auf 5,1 Mrd. gestiegen.

Wohl erhoffen sich die beteiligten afrikanischen Staaten wirtschaftlichen Aufschwung aus diesen Projekten. Berlinger zeigt jedoch auf, dass hinter etwa ugandischen Firmen oft internationale Konsortien stehen, die die Gewinne abschöpfen. Das zeigt auch die lange Geschichte der Ausbeutung von Bodenschätzen auf dem afrikanischen oder auch südamerikanischen Kontinent. Von den massiven Gewinnen, die mit Öl, Gas oder seltenen Erden verdient werden, sieht die Bevölkerung nichts. Dafür darf das Volk die schlecht bezahlte Drecksarbeit erledigen.

Auch die Schweizer Bank UBS und CS investiert kräftig mit – trotz ihres vollmundigen Versprechens, ihre CO2-Emissionen bis 2050 auf netto null zu reduzieren. Durch Anleihen haben fossile Unternehmen Milliarden gescheffelt, um ihre Unternehmen trotz Pariser Klimaabkommen munter weiterführen zu können. Beteiligt an dieser Finanzierung waren auch UBS und CS. Eine internationale Medienrecherche hat ermittelt, dass sich die von ihnen vermittelten Anleihen seit 2015 auf 263 Milliarden Franken beliefen.

Die meisten dieser Anleihen haben eine Laufzeit von über zehn Jahren. Mehr als 300 sogar noch länger, drei bis ins Jahr 2090. Das ist schamlos und ein eklatanter Bruch sämtlicher Klimaabkommen. Die Abhängigkeit von fossiler Energie ist damit ganz sicher nicht zu brechen. Und alle, die zuhause die Temperatur zurück drehen, Velo statt Auto fahren, müssen sich ziemlich verschaukelt vorkommen. Das alles hindert die UBS nicht daran, sich als "zukünftigen Marktführer im Bereich nachhaltiger Finanzdienstleistungen" anzupreisen.

Die grössten Banken der Welt haben 2021 die fossile Energie mit 742 Milliarden finanziert. Und die Beträge werden noch schwindelerregender. Der Bericht "Banking on Climate Chaos" hat ermittelt, dass zwischen 2016 und 2021 unfassbare 4600 Milliarden in eben jene Energieträger flossen, die dem Weltklima den Garaus machen.

Um wenigstens ein bisschen Ausgleich zu schaffen, schlägt der ehemalige britische Premier Gordon Brown vor, bei den grössten Produzenten von fossilen Brennstoffen eine bescheidene Abgabe von drei Prozent auf ihren Einnahmen zu erheben. Damit kämen pro Jahr 25 Milliarden US-Dollar zusammen, um den globalen Süden bei der Bekämpfung der Klimakrise zu unterstützen. In den letzten zwei Jahren sind die Gewinne förmlich explodiert, auf geschätzte vier Billionen Dollar. Sie lesen richtig, vier Billionen, das sind viertausend Milliarden für diese Branche weltweit.

Brown meint, es lohne sich viel mehr, bei staatlichen Erdölunternehmen anzuklopfen, als bei privaten. Denn die saudiarabischen, norwegischen oder jene der Vereinigten arabischen Emirate fördern wesentlich mehr Öl und Gas und tragen entsprechend auch viel mehr Verantwortung. "Petrostaaten sind verpflichtet, die Startfinanzierung für Klimaschutz im Süden zu liefern." Angesichts der schwindelerregenden Gewinne, seien die drei Prozent "trivial" für die Wirtschaft der Petrostaaten. Anstatt 100 Millionen für einen Fussballer auszugeben, wäre es wesentlich gescheiter, dieses Geld einem armen Land zu geben.

Schade, dass Politikern solche Einsichten erst kommen, wenn sie nicht mehr an der Macht sind. Vielleicht wird auch der eine oder andere Ständerat, der letzte Woche berschlossen hat, den CO2-Ausstoss mehrheitlich im Ausland zu kompensieren, statt Verantwortung zu übernehmen, sich später einmal mit solchen Ideen hervortun. Aktuell jedenfalls ist davon weit und breit nichts zu vernehmen. Sie retten tatsächlich lieber Banken als das Klima.

 

Siehe auch Helvetas: Ungebremster Fossil-Boom oder Banking on Climate Chaos

 

Christa Dettwiler

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